Meist ist die Aufregung groß, wenn beim Leeren des Briefkastens festgestellt werden muss, dass man Empfänger eines Anhörungsschreibens oder sogar eines Bußgeldbescheides wurde. Wegen der äußerst kurzen Stellungnahmefrist von gerade mal einer Woche bzw. der nur unwesentlich längeren Einspruchsfrist von zwei Wochen entschließen sich dann auch viele Adressaten oft dazu, sich in „ihr Schicksal“ zu fügen.

Diese – meist nicht ganz freiwillige – Entscheidung wäre jedoch in vielen Fällen dann anders getroffen worden, wenn man sich zunächst fachkundig von einem Anwalt hätte beraten lassen. So ist es zum Beispiel denkbar, dass die zu Beweiszwecken angefertigten Lichtbilder – also die so genannten „Blitzerfotos“ – von derart schlechter Qualität waren, dass diese in einem Bußgeldverfahren unter keinen Umständen als Tatnachweis dienlich hätten sein können. Eine entsprechende Argumentation stünde dem zu beauftragenden Anwalt allerdings dann nicht mehr zur Verfügung, wenn der Betroffene bereits im Rahmen seiner Anhörung einräumte, er sei der verantwortliche Fahrzeugführer gewesen.

Ein weiterer Grund, weshalb es mehr als nur sinnvoll sein kann, sich von einem qualifizierten Anwalt unterstützen zu lassen, ist die Problematik der Messfehler. Es muss nämlich bei – insbesondere auf Laserbasis funktionierenden – Geschwindigkeitsüberprüfungen, aber auch bei Abstandskontrollen immer wieder festgestellt werden, dass eine fehlerhafte Aufzeichnung der betreffenden Messwerte zumindest nicht auszuschließen ist. Bereits dieser Aspekt kann jedoch ausreichen, um eine Geldbuße unter die „magische“ Grenze von 60,00 € zu drücken und damit eine negative Registrierung im Fahreignungsregister des Kraftfahrt-Bundesamtes von Flensburg zu vermeiden.

Aber selbst dann, wenn die Person des verantwortlichen Fahrzeugführers feststeht und sich keinerlei Einwände gegen die Richtigkeit des Messergebnisses vorbringen lassen, sind Fälle denkbar, in denen es ratsam erscheint, sich von einem spezialisierten Anwalt vertreten zu lassen. Bei einer entsprechenden Argumentation ist es nämlich zum Teil möglich, die Anordnung eines Fahrverbotes – gegebenenfalls durch Umwandlung in eine entsprechend erhöhte Geldbuße – zu vermeiden.

Bedenken sollte man jedoch, dass für eine anwaltliche Vertretung unter Umständen nicht unerhebliche Kosten entstehen können. Diese werden allerdings bei einem Ordnungswidrigkeitenverfahren in aller Regel von einer Verkehrsrechtsschutzversicherung getragen. Aus diesem Grunde ist es zu empfehlen, zumindest beim Bestehen einer solchen Versicherung schon unmittelbar nach Erhalt der schriftlichen Anhörung sofort einen fachkundigen Anwalt aufzusuchen.

Ivo Sieber

Rechtsanwalt und

Fachanwalt für Verkehrsrecht sowie

Sozius der Rechtsanwälte Alexander Troll & Ivo Sieber