Der Gesetzgeber hat die Modernisierung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auch im Bereich des Erbrechtes fortgesetzt.

Seit dem 01. Januar 2010 gelten einige erbrechtliche Neuregelungen.

Zunächst wurden die Verjährungsregelungen für erbrechtliche Ansprüche angepasst. Grundsätzlich gilt auch hier zukünftig die Regelverjährungsfrist von 3 Jahren. Nur in einigen Ausnahmefällen verbleibt es bei einer längeren Verjährung.

Die Neuregelungen des Erbrechts sehen eine Honorierung von Pflegeleistungen im Falle des Eintrittes der gesetzlichen Erbfolge vor. Stirbt ein Erblasser ohne ein Testament hinterlassen zu haben und wurde dieser zu Lebzeiten beispielsweise von einem berufstätigen Abkömmling gepflegt, kann dieses Kind zukünftig einen Ausgleich für die erbrachten Pflegeleistungen aus dem Nachlass verlangen. Dabei wird dem vom Verstorbenen hinterlassenen Vermögen zunächst der im Einzelfall zu bestimmende Ausgleichsbetrag entnommen. Anschließend erfolgt eine Verteilung des restlichen Nachlasses entsprechend der gesetzlichen Quote auf die Erben.

Wesentliches Anliegen der Gesetzesreform war eine Stärkung der Testierfreiheit des Erblassers, weshalb es auch zu einigen Neuregelungen im Bereich des Pflichtteilsrechtes gekommen ist.

Der Pflichtteilsanspruch stellt eine gesetzliche Mindestbeteiligung nahe Angehöriger am Erbe dar. Der Pflichtteil besteht grundsätzlich in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils, wobei diese Regelung von der Gesetzesreform unberührt geblieben ist.

Wesentlich geändert wurde allerdings die Regelung für den sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch. Nach der bisherigen Rechtslage waren Schenkungen des Erblassers, die innerhalb von 10 Jahren vor seinem Tod erfolgten, regelmäßig in voller Höhe bei der Bestimmung von Pflichtteilsansprüchen mit zu berücksichtigen. Das zum Todeszeitpunkt vorhandene Vermögen wurde dabei rechnerisch um den Wert der erfolgten Schenkung erhöht, wenn diese in den Zehn-Jahres-Zeitraum fiel. Aus dem erhöhten Nachlasswert sind daraufhin die Pflichtteilsansprüche berechnet worden. Waren demgegenüber bereits 10 Jahre abgelaufen, musste eine entsprechende unentgeltliche Zuwendung nicht mehr ausgeglichen werden. Es galt ein Alles-oder-Nichts-Prinzip, nach welchem eine volle Ausgleichspflicht auch noch dann bestehen konnte, wenn der Erblasser einen Tag vor Ablauf der Frist verstarb. Zukünftig reduziert sich die Berücksichtigungsfähigkeit einer derartigen Schenkung stufenweise um jeweils 1/10 pro Jahr, welches seit der Zuwendung vergangen ist. Damit wird sowohl dem Erben, als auch dem Beschenkten mehr Planungssicherheit eingeräumt.

Modernisiert wurden auch die sogenannten Pflichtteilsentziehungsgründe. Zum Teil wurden diese konkreter gefasst. Einige der bisherigen Regelungen sind sogar vollständig gestrichen worden.

Erweitert wurden auch die Möglichkeiten der Stundung von Pflichtteilsansprüchen, um zu vermeiden, dass Erben aufgrund von Pflichtteilsforderungen Vermögenswerte, welche als Lebensgrundlage dienen – etwa Unternehmen oder Immobilien – in Folge von Zwangsverkäufen zerschlagen müssen.

Aufgrund der zahlreichen Neuregelungen im Erbrecht sollte fachkundiger anwaltlicher Rat sowohl bei Vermögenszuwendungen zu Lebzeiten, bei der Gestaltung letztwilliger Verfügungen und in Streitfällen nach dem Eintritt des Erbfalles eingeholt werden.

Alexander Troll

Rechtsanwalt und

Fachanwalt für Erbrecht

Fachanwalt für Familienrecht

Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth)

Zulassung ruht gemäß § 47 BRAO

Sozius der Rechtsanwälte Alexander Troll & Ivo Sieber